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d.fragmentation

→ Kuratorin: Astrid Bornheim

d.fragmentation

Fragmentarische Positionen zur digitalen, hybriden und analogen Lehre in der Architektur

Der Ausstellungstitel d.fragmentation steht für die aktuelle Erfahrung des fragmentierten Lehrens und Lernens. Der Begriff steht gleichermaßen für die Methode der digitalen Defragmentierung, mit der zusammengehörigen Teilen ein zusammenhängender Speicherplatz zugewiesen wird, um die Zugriffsgeschwindigkeit zu verbessern. Zu sehen ist eine Szenografie verschiedener Fragmente aus Wort, Bild und Raum. Typographische Elemente, Zitate aus Podcast-Gesprächen und Fotografien erzeugen ein komplexes Raum-Bild.

„A man’s thinking goes on within his conciousness in a seclusion in comparison with wich any physical seclusion is an exhibition to public view.“ Diese Worte Ludwig Wittgensteins scheinen in Zeiten digitaler Transformation relevanter denn je. Die Erfahrung der „seclusion“, der Abgeschiedenheit im Architekturstudium fordert zur Reflexion über Lehrmethoden und Ausbildungsziele heraus. Wie lässt sich die Komplexität des von permanenten Veränderungen geprägten Berufsfelds vermitteln? Wichtige Ausbildungsziele sind neben der architektonischen Kreativität vor allem intellektuelle Unabhängigkeit und eigene Urteilskraft.

Durch das Phänomen der Vereinzelung im homebound studying ist die Gemeinschaft von Lehrenden und Lernenden fragmentiert. Die für das Architekturstudium so wichtigen Räume wie das Entwurfsstudio, die Modellbauwerkstatt oder die Bibliothek erleben eine Verlagerung in den digitalen Raum und eine Verdichtung im häuslichen Kontext. Das geschieht ausgerechnet in dem Moment, wo es in der individuellen Bildungsbiographie der Studierenden und im gesellschaftlichen Diskurs darum geht, Horizonte zu weiten und kreative Perspektiven aufzuzeigen. Zwölf bis zwanzig Quadratmeter im privaten Zimmer müssen leisten, was sonst ein ganzer Universitätscampus bietet. Wesentliche Formate der Architekturvermittlung erfahren eine Uminterpretation.

Auch das Format der Ausstellung erfährt in diesem Zusammenhang eine bewusste Uminterpretation. Entgegen der üblichen Methodik, eine Ausstellung zur Eröffnung vollständig zu materialisieren, wird die Ausstellung d.fragmentation selbst zum Prozess. In der Momentaufnahme zwischen Lockdown und digitaler Transformation inszeniert sie häusliche Studiensituationen in sich überlagernden Modellen und Projektionen markanter Hochschulräume. Während der Ausstellungsdauer wird die Galerie zum temporären Podcast-Studio und bietet Raum für Dialoge. An der Schwelle zwischen Galerieraum und Stadtraum werden Spuren im digitalen Raum gelegt. Über NFC Tags auf dem Schaufenster der Galerie können die Podcasts abgerufen werden.

In Gesprächen formulieren Professoren, Wissenschaftler und Studierende ihre Haltung zur Lehre in Zeiten digitaler Transformation: u.a. Prof. Marc Frohn vom KIT über analoge und digitale Modelle in der Architektur, Prof. Marc Immel von der Hochschule Koblenz über die Bedeutung des Studios als sozialer Ort, Prof. Jan Kampshoff von der TU Berlin über Exkursionen in Zeiten eingeschränkter Mobilität, Katharina Benjamin von der TU Dresden über neue Research-Methoden mit Instagram und Vimeo und Dr. Hans-Dieter Nägelke vom Architekturmuseum der TU Berlin über das Potenzial digitalisierter Archive für Lehre und Forschung.

Neben Ausschnitten aus diesen Gesprächen werden Motive von Masterstudenten der Hochschule Bochum gezeigt, die sie auf einer Mikroexkursion innerhalb ihres Zimmers fotografierten. Nachdem sich für die Studierenden in monatelanger Isolation der universitäre Campus in der häuslichen Zelle verdichtet hat, zeigen diese Bild-Essays Potenziale des Alltäglichen, materielle Qualitäten, atmosphärische Kompositionen und universelle Landschaftsstrukturen. Das für die Ausbildung so wichtige Format der Exkursion wird hier auf kleinstem Raum zurückerobert und generiert innere Bildräume und überraschende Gedankenwelten.

In der Ausstellung wird durch die Überblendung von Wort und Bild ein Dialog zwischen Betrachter und Ausstellungsobjekt provoziert, der ein offenes Feld an Fragestellungen erzeugt und zur Diskussion einlädt: Was lässt sich in Zeiten digitaler Lehre entdecken? Welches kreative Potenzial lässt sich aktivieren? Welche Besonderheiten der Architektenausbildung gilt es zurückzugewinnen? So wird die Ausstellung selbst zum Dialogformat und der Dialog zum Ausstellungsformat, ganz im Sinne Hans Ulrich Obrists: „…at other times they need a more focused exhibition. It’s a different story each time. It’s about establishing a dialogue.“

d.fragmentation ist eine Kooperation der BDA Galerie des Bundes Deutscher Architektinnen und Architekten BDA Landesverband Berlin e.V. mit dem Masterstudiengang AMM Architektur Media Management der Bochum University of Applied Sciences unter Leitung von Prof. Jan R. Krause, kuratiert von Astrid Bornheim, Mitglied des Kuratoriums der BDA Galerie, Architektin und Dozentin für Experimentelles Entwerfen und Ausstellungsarchitektur.

Dauer der Ausstellung: 20. Februar – 14. April 2021
Öffnungszeiten: Montag, Mittwoch und Donnerstag 10 – 15 Uhr, sowie nach Vereinbarung

PODCAST 

  • d.fragmentation, Gespräche mit Professor*innen und Studierenden über Positionen zur digitalen, analogen und hybriden Lehre

SYMPOSIUM

  • AMM-Symposium mit Prof. Gabi Schillig, Prof. Martin Fröhlich, Prof. Sven Pfeiffer, über Lehre in Zeiten digitaler Transformation im Aedes Network Campus Berlin ANCB

https://www.ancb.de/sixcms/detail.php?id=20007851#.YIVRUetCRQI


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